Animismus?

von Lorenz

Auch kritische Menschen neigen zu einer Weltsicht, die den Menschen als Akteur und die Mitwelt als Ressource betrachtet. „Stoffwechsel mit der Natur“ (Marx) hat etwas von gleicher Augenhöhe, formuliert aber die „mehr-als-menschliche Welt“  als ein unterschiedsloses Gegenüber der Menschheit. Es ist offenbar sehr schwer, sich von der Vorstellung zu trennen, die „Krone der Schöpfung“, die „höchste Stufe der Evolution“ zu sein und wie die Ausdrücke noch alle heißen mögen, in denen Anspruch und Praxis der Weltherrschaft des homo sapiens zum Vorschein kommt. Selbst Ökologie formuliert eher die Vorstellung vom gemeinsamen oîkos, in dem der pater familias über instrumenta muta, semivocalia und vocalia regiert. Das Institut der Herrschaft ist nach den vielen Jahrhunderten seiner Entwicklung ein dichtes Wurzelwerk, ja ein feines, alles durchdringendes Myzel in unserer Seele.

Aus der Verdrängung von Mensch und Erde aus dem Mittelpunkt patriarchaler Schöpfung durch die Astronomie entstand zuletzt nicht Bescheidenheit, sondern die Relativierung aller Qualitäten und Hierarchien zu bloßen Quantitäten einer Akkumulation, für die jene bloß unerschöpfliche beliebige Trägermassen abgeben. Es läuft hinaus auf eine Säkularisierung und Radikalisierung noch der Allmacht des Gottes der Vögel unter dem Himmel und der Lilien auf dem Felde zur sachlichen Herrschaft von Geld- und Wertlogik mittels Wissenschaft und Technik, zu einer Religion der Verdinglichung und Verzweckung von allem im Dienst des leeren Wachstums des einen Gotts Mammon im unendlichen Universum.

Dass alles Seiende aufeinander abgestimmt ist, miteinander agiert, aufeinander reagiert, nichts folgenlos ist und verloren geht, Alles stets als das Ganze seiner Teile existiert und die Buntheit des Seins ohne Oben und Unten, Vorne und Hintennach, Zentrum und Peripherie LEBT und prozessiert, ist ein Gedanke, der schwer mit dem herrschenden (wenn auch ein angekratzten) Glauben an umfassende technische Machbarkeit von allem zusammenpasst. Die Erfahrung einer organischen Sympathie von allem mit allem ohne Hierarchie und Rangstufen hat sich auf Mystik und Poesie, ins Reich der Fantasie zurückgezogen, wo es um den Preis seiner Wirklich-keit eine Nische hat.

(in Arbeit)

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